Weihnachten wie damals

Weihnachten einst und heute

Ob Adventwanderung, Perchtenlauf oder Weihnachtsmarkt – viel zu sehen und zu tun gibt es auch heuer wieder im Lebensraum Ennstal. Wie aber haben die Menschen früher Weihnachten erlebt?  Um diese Frage zu beantworten, haben wir uns in der Topothek Ternberg umgesehen.

Rameis

Trattenbach_1930

Vor allem für die Jüngeren ist der Advent immer eine besonders aufregende Zeit. Mit jedem Türchen, das am Adventkalender geöffnet wird, rückt Weihnachten ein Stück näher. Auch vor 100 Jahren herrschte in der Adventzeit eine „eigene Atmosphäre“ – selbst ohne Adventkalender: „Bei den Bauern wurde auf der Tenne noch das Getreide gedroschen, da halfen alle zusammen. Die Bäuerin hat währenddessen schon Kekse gebacken.“ Vom Duft war das ganze Haus erfüllt. So erzählt es ein Zeitzeuge aus Ternberg in einer Tonaufnahme, die 1986 entstand. Nachzuhören ist diese – wie auch viele weitere Zeitzeugen-Interviews – in der Topothek von Ternberg.  Die Topothek ist ein regionalhistorisches Online-Archiv, mit dem Fotos, Filme und andere Dokumente in digitalisierter Form öffentlich zugänglich gemacht werden. „15 Gemeinden aus den Bezirken Steyr-Land und Kirchdorf haben sich zusammengeschlossen, um digitale Archive für ihren Heimatort aufzubauen“, erklärt Projektleiter Siegfried Kristöfl. Topotheken gibt es beispielsweise in Losenstein und Ternberg. Letztere wurde Ende November anlässlich einer offiziellen Präsentation freigeschalten. Befüllt wurde sie vor allem in ehrenamtlicher Arbeit vom Gemeindebediensteten Bernhard Renöckl.


ROSENKRANZ UND STÖRIBROT

„Das Material stammt vorerst großteils aus dem Gemeindearchiv sowie von Vereinen“, sagt Renöckl. 5.600 Dateien sind das zurzeit. Nun ist auch die Bevölkerung aufgerufen, das kollektive Gedächtnis1933_Familie_Rameis der Region, beispielsweise mit Fotos aus der privaten Sammlung, zu vervollständigen. Das vorliegende Material gibt Aufschluss darüber, wie sich Weihnachten im Laufe der Zeit verändert hat, aber auch, was geblieben ist – etwa die Ungeduld der Kinder: „Zu Heilignacht wurde nach der Stallarbeit geräuchert“, erzählt der bereits eingangs zitierte Zeitzeuge. „Dann betete die Bauernfamilie gemeinsam mit den Knechten und Mägden den Rosenkranz.“ Das Beten wurde einigen recht lang. „Wir Kinder waren sehr unruhig, wir wollten den Christbaum sehen.“ Die Bescherung war für heutige Verhältnisse bescheiden: „Ein paar ganz kleine Geschenke gab’s, außerdem hingen Zuckerln am Baum – aber wir haben uns sehr gefreut darüber!“ Die Weihnachtsmette begann erst um Mitternacht. Bis dahin wurde von den Erwachsenen noch „Tee“ getrunken. Dabei dürfte mancher etwas zu tief ins Häferl geschaut haben. „Bis zur Mette gab’s schon Ausfälle auch.“ Mit dem Stefanitag gingen die Verwandtschaftsbesuche los. Dabei wurde oft gemeinsam musiziert – mit der Zither oder am „Fotzhobel“ (Mundharmonika). „Jeder, der ein Instrument spielen konnte, nahm’s zu den Besuchen mit.“ Die jungen Burschen besuchten Mädchen, die ihnen gefielen, und zeigten beim Störibrot-Anschneiden ihr Geschick. Dabei handelte es sich um ein Kletzenbrot, das so angeschnitten werden musste, dass man darauf stehend ein Stamperl Schnaps balancieren konnte. „Manchmal haben uns die Menscher reingelegt“, erzählt ein Zeitzeuge aus Ternberg. Dann wurde das Störibrot (in Ternberg oft auch „Stierbrot“ ausgesprochen) mit Draht und Stricknadeln präpariert.

FIS-LÄUFE AM HERNDLECK

FIS Rennen Trattenbach

Schnee zur Weihnachtszeit ist heute die Ausnahme. Früher waren die Winter schneereicher, oftmals aber auch gefährlicher, weiß Renöckl: „Trattenbach wurde mehrfach durch Lawinenabgänge von der Außenwelt abgeschnitten, wobei es auch Verletzte gab.“ In der Topothek finden sich entsprechende Fotos und Videoaufnahmen aus dem Winter 1940/41. Heute kaum mehr vorstellbar, obwohl es gar nicht so lange zurückliegt: „Zwischen 1975 und 1992 wurden am Herndleck fast alljährlich FIS- und Europacup-Slalomläufe ausgetragen“, so Renöckl. Aufgrund immer schneeärmerer Winter wurde zuerst die Teilnahme an den Bewerben, 1994 schließlich auch der Liftbetrieb selbst eingestellt.




FOTOS: © Reinhard Ebner, Topothek Ternberg, WSV Trattenbach, Hermann Augner // TEXT: Reinhard Ebner


04.12.2023 10:00